Qualitätsbewertung digitaler Zwillinge auf der Basis mathematischer Abstraktion und Tangle-basierten Blockchain-Architekturen
Das Konzept des digitalen Zwillings, das sich seit Ende des letzten Jahrhunderts zu einem Eckpfeiler vieler Ingenieurdisziplinen entwickelt hat, ist inzwischen auch im Bauingenieurwesen fest verankert. Beim Betrieb und Monitoring von Infrastrukturbauwerken mangelt es jedoch oft an Interoperabilität und objektiv überprüfbaren Qualitätsmerkmalen, was den Spezifika des Bauwesens geschuldet ist, u.a. dem Unikatcharakter der Bauwerke, den komplexen Kommunikationsgeflechten und der Heterogenität der Schnittstellen und Modelle. Um die Qualität digitaler Zwillinge im Bauwesen zu verbessern und das Potential voll auszuschöpfen, ist zunächst ein klares mathematisches Verständnis der semantischen Struktur von digitalen Zwillingen erforderlich, was wiederum ein allgemeingültiges Beschreibungskalkül und mathematisch abgesicherte Konzepte zur Qualitätsbewertung (einschließlich Konsistenzprüfung, Verifikation und Validierung) erfordert.
Das Teilprojekt zielt darauf ab, ein bauinformatisch-mathematisches Theoriengebäude bereitzustellen, das eine zuverlässige Qualitätsbewertung digitaler Zwillinge in allen Entwurfsphasen und auf allen Abstraktionsebenen ermöglicht. Im beantragten Forschungsvorhaben wird der Fokus auf digitale Zwillinge für Infrastrukturbauwerke gelegt, obschon alle Ansätze allgemeingültig ausgelegt sind. Zunächst wird eine Domänenanalyse zur taxonomischen Repräsentation digitaler Zwillinge durchgeführt. Das weitere Arbeitsprogramm widmet sich sodann drei Abstraktionsebenen, auf denen jeweils (i) Modellierungskonzepte und (ii) Ansätze zur Qualitätsbewertung ebendieser Konzepte vorgeschlagen werden (Abbildung 1).
Die Modellierungskonzepte koppeln abstrakte mathematische Ansätze auf Basis relationaler Algebra, kategorialen Ontologieprotokollen und Typentheorie („Meta-Metamodellierung“), ingenieurverständliche, diagrammatische Semantik („Metamodellierung“) sowie etablierte Ingenieurmodelle aus der Numerik und dem Building Information Modeling („Modellierung“). Die Ansätze zur Qualitätsbewertung basieren im Wesentlichen auf einem abstrakten mathematischen Beschreibungskalkül, auf Modellnutzwert-basierten Metriken sowie auf einer Tangle-basierten Blockchain-Architektur, die eingeführt wird, um die digitalen Zwillinge lebensdauerbegleitend zu validieren.
Validierungstests werden an der Nibelungenbrücke in Worms durchgeführt, die den Rhein überspannt und als Demonstratorbauwerk dient (Abbildung 2).
Das Demonstratorbauwerk wird ein reales Szenario liefern, über das Sensordaten, Modelle, Algorithmen und die entsprechenden Simulationen einbezogen werden können, die für Zustandsdiagnosen und -prognosen sowie dem Bauwerksmonitoring von Infrastruktur-bauwerken relevant sind.
Es wird erwartet, dass ein mathematisches Verständnis der semantischen Struktur von digitalen Zwillingen formalisiert werden kann und – darauf aufbauend – objektiv überprüfbare, allgemeingültige semantische Modellierungskonzepte für digitale Zwillinge im Bauwesen bereitgestellt werden können. Modellierungsfehler können bereits in frühen Entwurfsphasen vermieden, die Implementierung unabhängig von den verwendeten Technologien zielgerichtet durchgeführt und letztlich eine tragfähige Basis zur Qualitätssteigerung von digitalen Zwillingen im Bauwesen bereitgestellt werden.