Entwurfsmethodik für ein lebensdauerübergreifendes Bauwerksmonitoring bei unbekanntem Schadensprozess
Klassisches Bauwerksmonitoring wird i. d. R. genutzt, um a) bei älteren Bestandsbauwerken bekannte Deteriorationsprozesse und deren zeitliche Entwicklung zu überwachen oder b) bei neuen Bauwerken mit hohem Innovationsgrad die Annahmen aus dem Entwurf zu prüfen. Bei diesen Anwendungen ist jedoch die Überwachungsdauer auf einige Monate bis wenige Jahre begrenzt und die zu überwachenden physikalischen Größen und deren Wirkungsorte sind klar definiert.
Zukünftig wird die elektronische Dauerüberwachung ein wichtiges Instrument bei der Instandhaltung von Infrastrukturbauwerken sein, womit folgende neuartige Herausforderungen verbunden sind:
- erheblich längere Überwachungsdauer (mehrere Dekaden bis gesamte Bauwerkslebensdauer) und
- zunächst unbekannter Schadensmechanismus, Auftretenszeitpunkt und -ort.
Das Ziel des Teilprojekts (TP) besteht in der Entwicklung einer Entwurfsmethodik, mit der ein Sensorkonzept für den neuen Anwendungsbereich „lebensdauerübergreifende Monitoringsysteme“ zuverlässig ausgelegt werden kann. Dieses Ziel lässt sich in zwei Teilbereiche unterteilen: einen bauwerksbezogenen und einen messsystembezogenen Bereich. Die Schnittstelle zwischen diesen Bereichen ist die Definition der zu messenden physikalischen Größen bzw. der einzusetzenden Sensorik, siehe Bild 1. In der ersten Phase des Schwerpunktprogramms liegt der Fokus des Projekts auf dem bauwerksbezogenen Bereich. Darüber hinaus werden wegen der notwendigen Fokussierung im TP die Entwicklungen auf Spannbetonbrücken begrenzt, auch wenn die grundlegende Methodik auf andere Bauwerksarten übertragbar ist.
Die wissenschaftliche Herausforderung des TP liegt darin begründet, dass heute verfügbare Messmethoden nur punktuell bzw. eng begrenzte Bereiche in ausreichender Auflösung überwachen können. Da die Überwachung im Sinne einer volldigitalisierten Instandhaltung bereits zu Beginn der Lebensdauer des Bauwerks einsetzen soll, sind am Objekt noch keine Schädigungsprozesse im Gange. Für eine vollständige sensorgestützte Überwachung wäre damit ein sehr dichtes Sensornetz über das gesamte Bauwerk erforderlich, was weder wirtschaftlich vertretbar noch technisch sinnvoll wäre.
Der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn des TP besteht darin, wie bei zunächst unbekanntem Schadensmechanismus sowie Auftretenszeitpunkt und -ort ein zuverlässiges und wirtschaftliches Messkonzept entworfen werden kann. Es muss die Frage beantwortet werden, welche physikalischen Größen dazu in welcher Auflösung (örtlich, zeitlich, Messbereich) an einem konkreten Bauwerk zu erfassen sind.
Zur Beantwortung der Fragestellung werden ein clusterbezogener und ein objektbezogener Ansatz verfolgt. Der clusterbezogene Ansatz basiert auf der systematischen Auswertung bestehender ähnlicher Bauwerke. Dazu wird für das konkrete Objekt eine Vergleichsgruppe mit ähnlichen Eigenschaften gebildet. Der objektbezogene Ansatz beruht auf einer spezifischen Analyse eines konkreten Bauwerks. Dazu werden die typischen Bewertungsmethoden für Bestandsbauwerke in den Kontext einer zukünftigen messtechnischen Überwachung gesetzt.
Beide Ansätze sollen in der zu entwickelnden Methodik gekoppelt und am Validierungsbauwerk Nibelungenbrücke Worms erprobt werden.